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20.05.2014Sozialrecht
Wohnungskosten bei SGB II/XII („Hartz IV“)
Die aktuelle Entscheidung des Landessozialgerichts Essen zu den Kosten der Unterkunft in Essen hat  bestätigt, was viele in der Vergangenheit kritisiert haben: Die von der Stadt Essen/den Jobcentern in Essen gezahlten Kosten für die Unterkunft sind weiterhin zu niedrig. Das sieht auch das Justizministerium NRW so.

Die Entscheidung
Das Landessozialgericht in Essen hatte eine Entscheidung des Sozialgerichtes Duisburg, wonach ein höherer Kaltmietzins zu gewähren ist, bestätigt. Die Stadt Essen hatte daraufhin Beschwerde eingelegt, die von dem Bundessozialgericht zurückgewiesen wurde.

Das Justizministerium sieht die Entscheidung als richtig an.

Mit der Entscheidung wird nicht allein die Mietobergrenze von 4,61 EUR pro Quadratmeter bei einem Zwei-Personen-Haushalt als zu niedrig angesehen. Kritisiert wird vielmehr darüber hinaus auch die Berechnung der Obergrenze als solcher. Die Heranziehung des Mietspiegels ist keine taugliche Grundlage, das Abstellen allein auf den Kaltmietzins ebenso wenig.

Damit wird nunmehr der Praxis der Stadt Essen die Grundlage für ihre Berechnung und die Ermittlung der Mietobergrenze entzogen. Diese hat in der Vergangenheit von Betroffenen viel Kritik erfahren, die meisten Bezieher von SGB II-Leistungen in Essen wissen, wie schwierig es ist, angemessenen Wohnraum zu finden. Viele waren deshalb versucht zu tricksen: Gemeinsam mit dem Vermieter wurde die Kaltmiete gesenkt und dafür die Nebenkosten erhöht.

Ob und wie die Jobcenter diese Entscheidung umsetzen, bleibt abzuwarten. In Kürze wird eine weitere vergleichbare Entscheidung des Landessozialgerichts mit Spannung erwartet. Da diese Entscheidung ggf. wieder bei dem Bundessozialgericht landet, welches dieses Mal – anders als in der zitierten Entscheidung – auch inhaltlich zu entscheiden hätte, ist eine höchstrichterliche Bestätigung noch offen.

Hinweis: Das bedeutet jedoch nicht, dass Empfänger von Leistungen der Stadt Essen/den Jobcentern „die Hände in den Schoß legen“ und abwarten sollten. Es gilt vielmehr Folgendes: In jedem Fall lohnt sich die erneute, auch rückwirkende (!) Überprüfung des gewährten Kaltmietzinses, ggf. mit Hilfe eines Anwaltes.

Wissenswertes im Zusammenhang mit Umzügen
Hat man endlich eine passende Wohnung gefunden, die nicht nur den Vorgaben der Stadt Essen entspricht, sondern einem vielleicht auch noch gefällt, muss erst das Jobcenter die Wohnung genehmigen, bevor der Mietvertrag unterschrieben werden darf. Das zieht sich häufig hin, sodass die Wohnung anderweitig vermietet wird. Ein Problem, das viele Mieter kennen!

Wichtig ist, dem Jobcenter eine ganz kurze Frist zu setzen und sich dies bestätigen zu lassen. Man kann auch einen Zeugen mitnehmen. Hält sich das Jobcenter nicht daran, sollte ein Anwalt aufgesucht und gerichtlicher Eilrechtsschutz in Anspruch genommen werden.

Ein weiteres Problem, das viele kennen, ist, dass das Jobcenter unter Verweis auf den zu hohen Kaltmietzins sämtliche Anträge im Zusammenhang mit dem Umzug ablehnt, also z. B. die Übernahme der Kaution, von Umzugskosten usw.

Das  Jobcenter wendet also das „alles-oder-nichts-Prinzip“ an – ohne vorher explizit darauf hinzuweisen. Manch einer hat in diesem Zusammenhang schon eine böse Überraschung erlebt.

Andere wichtige Entscheidungen
  • Das Jobcenter darf Stromkostenerstattungen nicht mit den Hartz-IV-Leistungen verrechnen, BSG, Az. B 14 AS 186/10R.
  • Die Lohnzuschläge, die für eine Beschäftigung in den Nachtstunden oder an Sonn- und Feiertagen gezahlt werden, sind in voller Höhe auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen, BSG, Az. B 4 AS 89/09 R.
  • Fordert ein ALG-II-Bezieher die Überprüfung seines Bescheides, muss das Jobcenter dem nachkommen und einen neuen Bescheid erstellen – auch wenn Widerspruchs- und Klagefristen verstrichen sind. Sozialgericht Frankfurt/Main, Az. S 47 AS 434/06.
  • Arbeit und sonstiges - Jobcenter müssen Hartz-IV-Beziehern einen Führerschein bezahlen, wenn dadurch ein Arbeitsverhältnis entsteht, Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Az. L 15 AS 317/11 B.
  • Bei einem sozialhilferechtlich nicht erforderlichen Umzug von einer angemessenen in eine teurere Wohnung, bei der aber die Unterkunftskosten auch noch in einer angemessenen Spannbreite liegen, sind die Unterkunftskosten zu übernehmen, wenn die Mehrkosten verhältnismäßig sind und die Gründe für den Umzug die Mehrkosten rechtfertigen
Zusammenfassung/Fazit
Die Entscheidung zeigt, dass man manchmal „einen langen Atem braucht“. Auch wenn die weitere Entwicklung der Rechtsprechung noch abzuwarten bleibt, ist eine auch rückwirkende Überprüfung in jedem Fall indiziert!

Quelle: RA Hedmann


 
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